Reasoning – Wenn KI plötzlich „nachdenkt“
Was macht Reasoning so besonders?
Statt einfach nur das wahrscheinlich nächste Wort vorherzusagen – wie herkömmliche Sprachmodelle es tun – geht Reasoning einen Schritt weiter: Es zwingt die KI, einen inneren Denkprozess zu durchlaufen. Man kann sich das vorstellen wie bei einem Menschen, der laut denkt, bevor er antwortet. Die Maschine legt sich einen inneren Rechenweg zurecht, eine logische Argumentationskette, bevor sie zu einer Schlussfolgerung kommt.
Tobias Koops, Senior Software Developer und KI-Expert, erläutert die Vorteile der neuen Evolutionsstufe von KI: „Diese Gedankenkette führt nicht nur zu besseren Antworten, sondern ist für uns Menschen sogar nachvollziehbar. Das Modell erklärt sozusagen, wie es zur Antwort kommt. Das bedeutet mehr Transparenz und führt auch zu besseren Ergebnissen. Denn die KI muss sich sozusagen anstrengen, die richtige Lösung zu finden, statt sich wie bisher auf reine Wahrscheinlichkeit zu verlassen.“
Technologische Meilensteine im Reasoning
Den ersten großen Impuls setzte Google im Jahr 2022 mit dem Konzept des „Chain of Thought Prompting“. Dabei wurde gezeigt, dass KI-Modelle deutlich bessere Antworten liefern, wenn man sie dazu bringt, ihre Denkweise Schritt für Schritt zu dokumentieren – etwa so, wie Kinder in Mathe ihre Rechenwege aufschreiben.
2023 setzte DeepSeek-V2 neue Maßstäbe, indem es logisches Schlussfolgern effizient in Modelle integrierte. Neuere Entwicklungen wie GPT-4, Gemini 1.5 und Claude 3 bauen auf diesen Konzepten auf, um die Leistungsfähigkeit und Nachvollziehbarkeit weiter zu steigern. Koops ordnet ein: „Auch unsere Lösung setzt auf ein KI-Modell auf, das Reasoning zukünftig nutzen wird. Dadurch werden wieder neue Einsatzmöglichkeiten für uns realisierbar.“
Warum viele lieber länger warten – Oder mehr bezahlen
Diese neue Qualität hat einen Effekt, der sich bereits beobachten lässt: Menschen sind bereit, länger zu warten oder mehr zu investieren, wenn sie dafür bessere, nachvollziehbare Ergebnisse erhalten. In Geschäftsbereichen, in denen es auf Genauigkeit, Verlässlichkeit und Transparenz ankommt, wird Reasoning zur neuen Währung. Gerade da, wo KI nicht nur nette Spielerei ist, sondern echte Entscheidungen vorbereitet – bei der Vertragsanalyse, der Risikoabwägung, der technischen Bewertung – zählt nicht, wie schnell eine Antwort kommt, sondern wie gut sie ist. „Auch in der Mieterkommunikation sehen wir in der Praxis, dass einige Anfragen größeren Nachbearbeitungsbedarf haben als andere. Über den Daumen gepeilt würde ich sagen, dass rund 75 Prozent der Mieteranfragen erfahrungsgemäß Standardanliegen sind – Namensänderungen, Haustierbewilligungen oder Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen. Doch sobald es komplexer wird, steigt die Fehleranfälligkeit bei der Bearbeitung. Hier kann Reasoning zukünftig ein echter Hebel sein“, erläutert Koops die Einsatzmöglichkeiten der neuen Technologie.
Aber komplett ohne Risiken? Nicht ganz.
So vielversprechend Reasoning ist, es bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Neben allgemeinen Gefahren – z. B. datenschutzrechtliche oder ethische Aspekte sowie die Gefahr von Falschinformationen – liegt die Gefahr von Reasoning in ihrem eigentlichen Vorteil. Koops erläutert: „Das Offenlegen der Gedankenkette soll uns eigentlich mehr Transparenz ermöglichen, vor allem auch, um Fehler der KI zu erkennen. Ein Test des KI-Unternehmen Anthropic zeigt jedoch, dass die offengelegten Gedankenketten der KI nicht immer vertrauenswürdig sind. Die Modelle erläuterten nicht wahrheitsgemäß, wie sie zu ihrer Entscheidung gekommen sind. Es bleibt also nach wie vor an uns, eine kritische Bewertung von Antworten vorzunehmen.“

Das Reasoning zeigt die Gedankenkette, welche die KI durchlaufen hat. In diesem Beispiel beachtet die KI Punkte wie, Meldungshistorie, Wartungspläne und zeitliche Prioritäten in Bezug auf einen von der Mieterin gemeldeten Schaden.
Wie können wir Reasoning für die Immobilienwirtschaft nutzen?
Obwohl unser Artikel über Reasoning grundsätzlich branchenunabhängig ist, zeigen mögliche Einsatzszenarien aus der Immobilienwirtschaft den praktischen Nutzen. Koops gibt Einblicke in aktuelle Überlegungen: „Denken Sie an eine digitale Poststelle, die nicht nur Mieteranfragen vorsortiert, sondern auch den Inhalt logisch bewertet: Handelt es sich um einen akuten Schaden? Gibt es bereits ähnliche Vorfälle im System? Muss sofort reagiert werden? Das sind Sachverhalte, die Reasoning besser bedienen kann als herkömmliche KI-Systeme.“
In solchen Fällen wird Reasoning zur Grundlage für echte Assistenzsysteme. KI-Modelle können lernen, welche Informationen relevant sind, welche Zusammenhänge bestehen und welche nächsten Schritte sinnvoll wären – wie ein erfahrener MitarbeiterMitarbeitender. Und im Idealfall bleibt die Denkweise dahinter nachvollziehbar. So behalten Menschen die Kontrolle, während Maschinen den Takt vorgeben.
Fazit
Reasoning stellt einen echten Sprung in der KI-Entwicklung dar. Es liefert präzise, nachvollziehbare Antworten, die wirklich „durchdacht“ erscheinen. Diese Technologie eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten in der Entscheidungsfindung, sondern auch in der Automatisierung komplexer Prozesse. Ob in der Immobilienwirtschaft oder anderen Sektoren: Wer in die Zukunft des logischen Denkens investiert, legt den Grundstein für effizientere, transparentere und damit zukunftssichere Systeme.
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